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Unser Theater-Sommer

Geniale Melodien und eine ganz starke Frau

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Kostproben aus der Neuinszenierung „Die Csárdásfürstin“ gab es im April bei einer Videoschaltung aus dem Döbelner Theater. Fotos: Nadine Franke, Stefan Leitner (Porträts)

Zur Person

Kapellmeister José Luis Gutiérrez und Regisseur Sergio Raonic Lukovic haben sich jetzt zwei Jahre lang mit der „Csárdásfürstin“ beschäftigt. Die Aufführung wurde einem neuen Hygienekonzept angepasst: keine Pause, und die Aufführung soll nicht länger als 90 Minuten dauern. Im Interview erläutern die künstlerisch Verantwortlichen, warum die Besucher sich auf einen tollen Operettenabend freuen können.Was reizt den Regisseur an der „Csárdásfürstin“?Sergio Raonic Lukovic: „Die Csárdásfürstin“ ist eines der spannendsten Werke der „Silbernen Wiener Operette“. Musikalisch hat Kálmán den Nerv der Zeit getroffen, die „Fürstin“ war die erste Operette, bei der praktisch jede Nummer zum „Hit“ wurde. Der sprichwörtliche „Tanz auf dem Vulkan“, eine Beschreibung der Gesellschaft vor dem 1. Weltkrieg, ist hier unterhaltsam und pointiert verpackt. Und am Ende spürt man die Sehnsucht aller, nach einer großen Krise wieder in ein „normales Leben“ zurückzukehren. Insofern ist das Stück ungemein aktuell. Für den Regisseur ist die größte Herausforderung, nicht zu viel zu interpretieren. Das Publikum sollte die ursprüngliche Kraft der Operette erleben.

Interview mit Kapellmeister José Luis Gutiérrez und Regisseur Sergio Raonic Lukovic zur „Csárdásfürstin“

Was fiel den erforderlichen Kürzungen zum Opfer?

Sergio Raonic Lukovic: Es war uns ein Anliegen, die „Fürstin“ nicht zu einer bloßen „Highlight-Revue“ zu stutzen, sondern zu verdichten und zu intensivieren. Kálmán fand die Uraufführung viel zu lang. Ich bin mir sicher, er hätte viel Freude an unserer Fassung. José Luis Gutiérrez: Keine der genialen Melodien geht verloren. Innerhalb der Nummern wurde gekürzt, es gibt zum Teil neue Übergänge – alles wird durch die Konzentration sogar schlanker und knackiger.

Können Sie etwas zur Besetzung und der Musik sagen?

Sergio Raonic Lukovic: Zur Ergänzung unseres Ensembles aus Gesangssolisten und Opernchor haben wir sechs Musicaldarsteller engagiert. Von dieser Mischung versprechen wir uns einiges.

José Luis Gutiérrez: Sylva Varescu plant ja zu Beginn der Operette eine Tournee in die USA. Kálmán brachte 1928 „Die Herzogin von Chicago“ auf die Bühne, sein letztes Werk war eine „Arizona Lady“. Aber schon in der „Csárdásfürstin“ 1915 gibt es musikalische Anklänge an den Broadway, ans Musical. George Gershwin besuchte auf einer Europareise Franz Lehár und Emmerich Kálmán. Diese musikalischen Verbindungen will ich, durch Artikulation und Spielweise, hörbar machen.

Ist das klassische Orchester dadurch weniger wichtig?

José Luis Gutiérrez: Im Gegenteil! Uns war es wichtig, die Musik nicht nur als Begleitung zu sehen, sondern den Orchesterklang als wesentlichen Teil der Aufführung zu betonen. Das ist natürlich in Kriebstein einfacher, weil die Musiker nicht im Graben versteckt sind, sondern sichtbar neben der Bühne sitzen. Und wir spielen live mit einem voll besetzen Sinfonieorchester. Um den Musikern der Mittelsächsischen Philharmonie die nötigen Abstände zu ermöglichen, wird für sie sogar ein zweites Zelt aufgebaut.

Häufig wird den Operetten vorgeworfen, sie würden ein altmodisches Frauenbild vermitteln ...

Sergio Raonic Lukovic: Das ist hier ganz und gar nicht der Fall. Die Titelheldin, Sylva Varescu, ist eine selbstbewusste und erfolgreiche Künstlerin. Sie lebt, was sie liebt, während andere sich anpassen. Im Laufe des Stückes zeigt sich die Dummheit der Macho-Gesellschaft, während sich die Frauen – nicht nur Sylva, sondern auch Komtesse Stasi – durchsetzen. Das führt zu einem schönen, wenn auch melancholischen Happy End. Aber haben wir in diesen verrückten Zeiten nicht gelernt, wie man sich über kleine Momente freuen kann? Auf die Freude, dass man endlich wieder eine Vorstellung anschauen und spielen kann, wollen wir nicht verzichten.

Zur Person

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Der Regisseur: Sergio Raonic Lukovic

Der Bassbariton Sergio Raonic Lukovic wurde in Split (Kroatien) geboren und ist Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerbe. Seit 2012 ist er auch als Regisseur tätig und inszenierte im Sommer 2018 auf der Seebühne Kriebstein die Operette „Eine Nacht in Venedig“ von Johann Strauß.

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Der Dirigent: José Luis Gutiérrez Hernandez

Der Dirigent und Pianist José Luis Gutiérrez wurde 1995 in Mexiko geboren. Ab Januar 2019 war er zunächst Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung am Mittelsächsischen Theater und gab im Juli sein hiesiges Dirigierdebüt in Frau Luna. Seit August 2020 ist er Kapellmeister am Mittelsächsischen Theater.