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Zukunftstage Nordsachen

Kreishandwerksmeister Jens Hennig: „Klappern gehört heute mehr denn je zum Handwerk“

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Kreishandwerksmeister Jens Hennig ist in der Kreishandwerkerschaft Ansprechpartner für die Betrieb der Landkreise Nordsachsen und Leipzig Land. Foto: André Kempner

Deutschlandweit suchen handwerkliche Betriebe Nachwuchs. Die Auftragslage ist gut, doch es gibt zu wenige junge Menschen, die sich fürs Handwerk bewerben. Im Interview berichtet der für die Landkreise Nordsachsen und Leipzig verantwortliche Kreishandwerksmeister Jens Hennig, wie es der Branche geht, warum Betriebe mehr auf sich aufmerksam machen müssen und welche Vorteile ein Handwerksberuf hat.Wie sieht es aktuell bei den Handwerksbetrieben in Nordsachsen aus?Im Großen und Ganzen gut. Gerade in der Baubranche ist die Auftragslage sehr gut. Viele Leute sind nicht in den Urlaub gefahren und haben dafür Geld in Haus und Wohnung gesteckt. Da haben wir eher das Problem, dass es zu längeren Wartezeiten beim Abarbeiten kommt. Auch bei den Friseuren, Kosmetikern und Co. boomt es nach der langen Schließzeit. Materialknappheit, Preiserhöhungen und nicht eingehaltene Lieferketten gehören aktuell leider zum Alltagsgeschäft. Das trübt die Konjunkturlage.

Kreishandwerksmeister Jens Hennig über die Notwendigkeit der Betriebe, für sich und den Beruf zu werben

Ist das Handwerk ein zuverlässiger Arbeitgeber in Krisenzeiten?

Definitiv. Aber nicht nur in Krisenzeiten. Die Krise hat nur deutlich gezeigt, dass sich die Branche dank kleiner, gewachsener Strukturen – da wir viele kleine und mittelständische Unternehmen im Landkreis haben – schneller auf neue Gegebenheiten einstellen kann. Diese Erkenntnis kommt bei den Arbeitnehmern leider zu selten an.

Warum finden Handwerksbetriebe so schwer Nachwuchs?

Durch fehlende Ausbildungsmessen, fehlende Praktika und ausgefallene Berufsberatung an den Schulen war es für viele Betriebe schwierig bis unmöglich, ihre ausgeschriebenen Stellen zu besetzen. Ich sehe hier Nachholbedarf – sowohl auf Seiten der Betriebe, als auch der Schulen. Die Attraktivität einer handwerklichen Ausbildung wird an den Schulen oft nicht erkannt. Das Wissen um die vielfältige Ausbildung und mögliche Weiterqualifizierung fehlt. Niemand weiß zum Beispiel, dass eine Meisterausbildung auch die Fachhochschulreife beinhaltet. Und danach ist immer noch nicht Schluss. Hier geht mein Appell auch eindeutig an die Gymnasiasten: Schaut nach Alternativen im Handwerk! Gerade die Technisierung hat in unseren Zweigen stark zugenommen. Da brauchen wir hochqualifizierte junge Menschen, sonst können wir nicht weiter zuverlässig unsere Leistung erbringen. Auf der anderen Seite müssen die Betriebe mehr auf sich und ihren Beruf aufmerksam machen. Klappern gehört heute mehr denn je zum Handwerk.

Welche Vorteile hat eine handwerkliche Ausbildung in Nordsachsen?

Die Regionalität und Verbundenheit zum Landkreis und die Möglichkeit, hier etwas aufzubauen oder weiterzuführen. Die kurzen Wege sind zu nennen, statt langer Fahrtzeiten in die Großstadt. Tradition und Moderne laufen bei uns zusammen statt auseinander. Zudem bieten wir durch kleine Unternehmen ein familiäres Betriebsklima. Auch in Sachen Entlohnung hat sich einiges getan.